Mit der Veranstaltung im Oktober 2024 startete »Brain & Mind« in eine neue dreiteilige Reihe, die sich um das Thema »Education and Learning« drehen wird. Im Oktober konnten wir einige Koryphäen auf ihren jeweiligen Gebiet begrüßen, die sich aus den Fachbereichen Neurowissenschaften, Psychologie und Philosophie dem Thema »Reading« näherten.
Der Abend begann mit einem Vortrag von Prof. Jo Taylor, der sich um die Frage drehte, wie die Neurowissenschaften uns helfen zu verstehen, wie wir lesen lernen. Dabei ging sie zunächst darauf ein, was es braucht, um überhaupt Lesen zu lernen und welche Herausforderungen damit verbunden sind. Insbesondere erläuterte sie, dass wir einen Text verstehen, indem wir entweder die gedruckten Formen von Wörtern direkt mit ihrer Bedeutung in Verbindung bringen oder indem wir die gedruckten Formen von Wörtern mit ihrer Aussprache in Verbindung bringen und dann unser Wissen über gesprochene Sprache nutzen, um diese Aussprache mit der Bedeutung zu verknüpfen. In einem zweiten Schritt stellte sie zwei Experimente zur Bildgebung des Gehirns vor, mit der sie folgende Fragen beantworten möchte: Ist es besser, sich beim Leseunterricht auf die Aussprache oder die Bedeutung von Wörtern zu konzentrieren? Und zweitens: Unterscheidet sich die Art und Weise, wie wir lesen lernen, je nach dem Schriftsystem, das wir lernen (z. B. Englisch vs. Chinesisch)?
Den zweiten Vortrag hörten wir von Maggie Snowling, emeritierte Professorin für Psychologie an der University of Oxford. Sie ist die führende Expertin für die Sprache und das Lesen von Kindern sowie für spezifische Lernschwierigkeiten und wurde für ihre Verdienste um die Wissenschaft und das Verständnis von Legasthenie 2016 zum CBE ernannt. In ihrem Vortrag legt sie vor dem Hintergrund einer Längsschnittstudie über Kinder mit hohem Legasthenie-Risiko dar, dass die mündliche Sprache die Grundlage für die Lese- und Schreibfähigkeit ist und dass es mehr als einen Entwicklungspfad zur Leseschwäche gibt. Dabei beschreibt sie, dass in einem Vergleich der Entwicklungsverläufe von Kindern, die eine »reine Legasthenie« entwickeln, mit denen, die eine Legasthenie im Zusammenhang mit einer gleichzeitigen Beeinträchtigung der mündlichen Sprache haben, nahelegt, dass Risikofaktoren kumulieren und den Schweregrad der beobachteten Leseschwäche bestimmen. Abschließend erläuterte sie die Auswirkungen dieser multidimensionalen Sichtweise der Leseschwierigkeiten von Kindern auf Intervention, Bildungspolitik und Praxis.
Nach einer Diskussions- und Fragerunde begann der dritte und letzte Vortrag des Abends von Prof. Maximilian de Gaynesford. In seinem Vortrag diskutierte er u. a. die These, dass die Philosophie dazu neige, dem Gehörten den Vorzug vor dem Gelesenen zu geben. Dies stellt er auch aufgrund der Zeilensetzung in Frage. Denn hier sei das gesprochene Hören immer nur ein schlechter Ersatz für das geschriebene Lesen und manchmal überhaupt kein Ersatz. Dazu gibt er einige Beispiele aus der Lyrik.
Vielen Dank an alle Referierenden und Teilnehmenden an diesem spannenden Abend.
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