Die neuronalen Ceroid-Lipofuszinosen (NCLs), sind eine Gruppe seltener, vererbter Stoffwechselkrankheiten, die zu den lysosomalen Speicherkrankheiten gehören. Es handelt sich um progressive neurodegenerative Erkrankungen, die typischerweise mit Demenz, Epilepsie und Sehverlust einhergehen. Da sie im Kindesalter einsetzen, werden sie umgangssprachlich auch als Kinderdemenz bezeichnet. Bislang sind 13 Gene bekannt, deren Veränderungen NCLs zugrunde liegen können. Allerdings gibt es Patient:innen mit einer NCL-ähnlichen Pathologie, aber ohne Mutation in einem bekannten NCL-Gen. Daher kann angenommen werden, dass es weitere NCL-verursachende Gene gibt.
In jüngster Zeit wurden Mutationen im CLCN6-Gen, das den spät-endosomalen Chlorid/Protonen-Austauscher ClC-6 kodiert, bei Patient:innen mit schweren neurologischen Phänomenen festgestellt. Die Pathogenese des neurologischen Phänotyps bei Patient:innen mit mutiertem CLCN6-Gen ist jedoch nach wie vor unbekannt. In der aktuellen Studie wurde die Pathogenese von CLCN6-bedingten Krankheiten sowie die biologische Rolle der Chlorid/Protonen-Austauschaktivität anhand von Mausmodellen und In-vitro-Zellversuchen untersucht.
Die Studie zeigt, dass CLCN6-Varianten durch toxischen Funktionsgewinn einer neuen Form von NCLs zugrunde liegen und dass die Chlorid/Protonen-Austauschaktivität für die physiologische Funktion von ClC-6 entscheidend ist. Krankheitsverursachende ClC-6-Mutationen blockieren den wichtigen Prozess der Autophagie, indem sie die lysosomale Funktion stören, und beeinträchtigen den Lipid- und Kohlenhydratstoffwechsel. Dadurch werden Signalwege in Neuronen hochreguliert und es kommt neben dem Zelltod der Neuronen zu Entzündungsreaktionen im Gehirn.
Die Studie beschreibt Varianten in CLCN6 als eine neue genetische Ursache für NCLs und verdeutlicht, wie wichtig es ist, CLCN6-Mutationen bei der Diagnose von NCLs zu berücksichtigen. Sie wurde kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Annals of Neurology publiziert und ist frei verfügbar.